Saisonarbeiter

Für Saisonarbeitskräfte gelten grundsätzlich die gleichen versicherungsrechtlichen Regeln wie auch für andere Arbeitnehmer. Sie sind somit sozialversicherungspflichtig, können ihre Krankenkasse frei wählen und müssen vom Arbeitgeber bei dieser angemeldet werden. Sollte es sich aber um eine kurzfristige Beschäftigung handeln, bleiben sie beitragsfrei in der Sozialversicherung.

Voraussetzung ist jedoch, dass für sie das deutsche Recht Anwendung findet. Dies ist aber nicht immer der Fall, denn gleichzeitig gelten auch gewisse Sonderregelungen. Wie Saisonarbeitnehmer letztlich sozialversicherungsrechtlich einzuordnen sind, hängt von ihrem Herkunftsstaat, der Zuordnung zum Personenkreis als Arbeitnehmer, Selbständiger oder Erwerbsloser und der Dauer der Beschäftigung ab.

Was ist ein Saisonarbeitnehmer?

Ein Saisonarbeitnehmer ist nach der gesetzlichen Definition (§ 188 Abs. 4 S. 6 SGB V), wer vorübergehend für eine versicherungspflichtige auf bis zu acht Monate befristete Beschäftigung nach Deutschland gekommen ist, um einen jahreszeitlich bedingten, jährlich wiederkehrenden, erhöhten Arbeitskräftebedarf seines Arbeitgebers abzudecken.

Kurzfristige Beschäftigung

In Deutschland ist grundsätzlich jede Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt sozialversicherungspflichtig, sodass Beiträge zur Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung) gezahlt werden müssen.

Hiervon ausgenommen sind unter anderem sogenannte kurzfristige Beschäftigungen („Zeitgeringfügigkeit“, § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV). Als kurzfristig gilt eine Beschäftigung, die von vornherein auf nicht mehr als 3 Monate (90 Kalendertage) oder 70 Arbeitstage im Kalenderjahr befristet ist. Die zeitliche Begrenzung kann sich dabei aus dem Vertrag selbst oder aus der Eigenart der Tätigkeit ergeben.

Hinzu kommt, dass die kurzfristige Beschäftigung nicht berufsmäßig ausgeübt werden darf. Berufsmäßig wird die Beschäftigung, wenn sie für den Arbeitnehmer nicht (mehr) von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist, etwa weil sie allein zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt ist.

Werden Saisonarbeiter als kurzfristig Beschäftigte eingestellt und üben sie die Beschäftigung nicht berufsmäßig aus, ist die Tätigkeit beitragsfrei in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Der Arbeitgeber muss Beiträge zur Unfallversicherung abführen. Zudem sind die Umlagen U1 und U2 sowie die Insolvenzgeldumlage zu zahlen.

Saisonkräfte aus EWR-Staaten oder der Schweiz

Kommen Saisonkräfte aus einem EWR-Staat oder der Schweiz nach Deutschland, greifen vor dem Hintergrund der Arbeitnehmerfreizügigkeit besondere Regelungen. Sie benötigen daher keine Arbeitserlaubnis.

Zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gehören alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) sowie Island, Liechtenstein und Norwegen. Aufgrund von bilateralen Abkommen gelten die Regelungen außerdem für die Schweiz.

Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung richtet sich danach, ob die Saisonkräfte in ihrem Heimatland schon eine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit ausüben, oder ob sie nicht erwerbstätig sind.

Hauptbeschäftigung im Heimatland

Wenn Personen sowohl einer Hauptbeschäftigung in ihrem Heimatland als auch einer Saisonarbeit in Deutschland nachgehen, sind sie in mehreren Staaten beschäftigt (Mehrfachbeschäftigter). Gleichzeitig unterliegt jede Person immer nur dem Sozialversicherungsrecht eines Landes, das heißt es ist immer nur ein Staat für die Sozialversicherung zuständig. Grundsätzlich ist dies das Recht des Heimatstaates.

Insofern ist wiederum zu differenzieren, ob die Saisonarbeit während eines bezahlten oder während eines unbezahlten Urlaubs ausgeübt wird.

Saisonarbeiter, die der Saisonarbeit in Deutschland während eines bezahlten Urlaubs nachgehen, üben einen wesentlichen Teil ihrer Beschäftigung im Wohnstaat aus, weshalb das Recht des Wohnsitzstaates gilt. Dass die Person dem Rechtssystem des Wohnstaats zugeordnet ist, wird mit der sogenannten A1-Bescheinigung nachgewiesen.

Wird die Saisonarbeit hingegen während eines unbezahlten Urlaubs ausgeübt, unterliegen die Saisonarbeiter während dieser Zeit dem deutschen Sozialversicherungsrecht. Grundsätzlich besteht dann eine Sozialversicherungspflicht, es sei denn, es liegt eine kurzfristige Beschäftigung vor.

Selbständige Erwerbstätige

Auch bei Personen, die in ihrem Heimatland selbständig erwerbstätig sind, muss unterschieden werden:

Übt der Helfer in Deutschland eine Saisontätigkeit aus, die der selbständigen Tätigkeit im Heimatland (hinsichtlich der Branche) ähnlich ist, greift während der Saisontätigkeit das Sozialversicherungsrecht des Herkunftslandes. Dies ist etwa der Fall, wenn ein aus Polen stammender selbständiger Landwirt in Deutschland als Erntehelfer arbeitet. Die Zuordnung zum Sozialversicherungssystem des Heimatlandes wird über die A1-Bescheinigung belegt.

Wird hingegen keine der Saisonarbeit ähnliche selbständige Tätigkeit im Herkunftsstaat ausgeübt, gilt das deutsche Sozialversicherungsrecht.

A1-Bescheinigung

Mit einer A1-Bescheinigung weisen erwerbstätige Personen nach, dass für sie das Recht des Wohnstaates bzw. die Vorschriften eines ausländischen Staates maßgebend sind. Die A1-Bescheinigung gilt innerhalb der Europäischen Union (EU), des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und der Schweiz.

Benötigt wird die A1-Bescheinigung deshalb insbesondere, wenn Personen in mehreren Mitgliedstaaten der EU, des EWR oder der Schweiz grenzüberschreitend arbeiten. Unter Umständen benötigen deshalb auch Saisonarbeiter für ihre Saisonbeschäftigung die Bescheinigung.

Wird eine A1-Bescheinigung vorgelegt, meldet der Arbeitgeber in Deutschland den Saisonarbeiter im Sozialversicherungssystem des Herkunftsstaates und muss gegebenenfalls nach den Rechtsvorschriften des Heimatlands Sozialversicherungsbeiträge entrichten. Fehlt eine A1-Bescheinigung, muss ein Fragebogen zur Versicherungspflicht bzw. -freiheit eingereicht werden.

Nicht-Erwerbstätige

Sind Saisonarbeiter, die aus einem EWR-Staat oder der Schweiz nach Deutschland kommen, in ihrem Heimatland nicht erwerbstätig, etwa Studierende, Rentner oder Hausfrauen, oder sind sie dort arbeitslos, finden für sie die deutschen Rechtsvorschriften Anwendung. Demgemäß sind sie grundsätzlich sozialversicherungspflichtig (Ausnahme: kurzfristige Beschäftigung).

Saisonarbeitnehmer aus Drittstaaten

Wer aus einem Drittstaat als Saisonarbeitskraft nach Deutschland kommt, benötigt für diesen Zeitraum eine Arbeitserlaubnis, die bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) beantragt und von dieser ausgestellt wird. Teilweise ist zusätzlich ein Visum erforderlich.

Während ihrer Tätigkeit unterliegen die Saisonkräfte dem deutschen Sozialversicherungsrecht. In diesem Fall ist es irrelevant, ob eine Erwerbstätigkeit im Wohnstaat ausgeübt wird oder nicht.

Drittstaaten in diesem Sinne sind alle Staaten, die nicht der Europäischen Union (EU) bzw. dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) angehören, und mit denen kein bilaterales Abkommen in diesem Regelungsbereich geschlossen wurde. Die Schweiz ist deshalb kein Drittstaat.

Meldekennzeichen für Saisonarbeitnehmer

Seit 1. Januar 2018 müssen Arbeitgeber bei der DEÜV-Anmeldung (Grund 10 und 40) von gesetzlich krankenversicherten Beschäftigten angeben, ob es sich um Saisonarbeitnehmer handelt. Erforderlich ist die Angabe bei Beschäftigten mit ständigem Wohnsitz im Ausland, die vorübergehend einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in Deutschland nachgehen und danach voraussichtlich in das Heimatland zurückkehren.

Hintergrund: obligatorische Anschlussversicherung

Die Regelung wurde angesichts der sogenannten obligatorischen Anschlussversicherung eingeführt: Gemäß § 188 Abs. 4 SGB V setzt sich die Krankenversicherung nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht oder der Familienversicherung als freiwillige Versicherung von Gesetzes wegen fort. Der Versicherte kann unter bestimmten Voraussetzungen den Austritt erklären. Damit soll der lückenlose Krankenversicherungsschutz sichergestellt werden.

Die obligatorische Anschlussversicherung greift jedoch nur ein, wenn sich der Versicherte weiterhin im Geltungsbereich des Gesetzes, also in Deutschland befindet. Ob dies der Fall ist, müssen die Krankenkassen ermitteln.

Bei Personen, die nach Beendigung ihrer Beschäftigung Deutschland verlassen, bereiten diese Ermittlungen häufig Schwierigkeiten. Dies gilt vor allem auch bei Saisonarbeitskräfte, wie etwa Erntehelfer, die nach der Saisonbeschäftigung zumeist in ihr Heimatland zurückkehren. Für die Krankenkassen ist dann oft nur mit erheblichem Aufwand feststellbar, ob die obligatorische Anschlussversicherung Anwendung findet.

Um derartige Probleme zu vermeiden, sind Arbeitgeber verpflichtet, bereits bei der Anmeldung anzugeben, ob es sich um eine Saisonkraft handelt. Dementsprechend wurde im Jahr 2018 die Erweiterung des Meldeverfahrens um das Kennzeichen „Saisonarbeitnehmer“ beschlossen.

Meldung bei gesetzlich Krankenversicherten

Erforderlich ist die Angabe nur bei gesetzlich krankenversicherten Beschäftigten. Für geringfügig Beschäftigte sowie Beschäftigte, die ausschließlich in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sind, bedarf es der Kennzeichnung nicht.

Freiwilliger Beitritt zur GKV

Die Krankenkassen müssen den Saisonarbeitnehmer in diesem Fall über sein Beitrittsrecht zur gesetzlichen Krankenversicherung für die Zeit nach dem Ende der Saisontätigkeit informieren. Der Saisonarbeiter kann dann innerhalb von drei Monaten nach dem Ende der Beschäftigung seinen Beitritt zur freiwilligen Versicherung erklären (§ 188 Abs. 4 S. 5 SGB V).